Jim in June: Death In Jonestown

Jim Jones, Jonestown, Death in June


"Paranoia is an icy start, but a start, nonetheless ...", trällert Douglas Pearce (nicht der, DER) in "God's Golden Sperm" und nicht nur wegen dieses Paranoia-Bezugs passen DEATH IN JUNE in das Konzept der Paranoia-Chroniken, sondern auch weil Douglas P. nachgesagt wird, ein alter Grantscherben mit leichtem Anflug von Verfolgungswahn zu sein, der Freunde so ganz und gar auf seiner Seite haben will und ihnen sonstigenfalls die Freundschaft kündigt.
Dann natürlich auch, weil er mit seinem Fetisch für NS-Ästhetik und seiner Weigerung, sich dazu eindeutig zu äußern immer wieder Reaktionen provoziert (hat), die eigentlich weniger über ihn, als mehr über die Geisteshaltung einer überspitzten Polit-Paranoia gewisser Antifa-Kreise aussagen.

Vor allem aber drangen Death in June auf dem Album But, What Ends When The Symbols Shatter? mehr oder weniger ungewollt in das Themengebiet der Mind Control ein. World Serpent wollte damals ein Album von JIM JONES sekteneigenem People's Temple Choir wiederveröffentlichen und diesem wiederum eine Death In June-Single mit einem Cover von "He's Able" beilegen.



Aus der von Alan Trench angeregten einen wurden insgesamt vier, mehr oder weniger stark abgeänderte, Nummern, die auf "But, What Ends When The Symbols Shatter?" landeten und ohne die das Album womöglich nicht ganz der Neofolk-Klassiker schlechthin geworden wäre, das es ist.
Douglas P. fand die Originale im Übrigen grottenschlecht - vielleicht zählen ja seine Adaptationen genau deswegen zu den schönsten Songs, die er jemals geschrieben hat.
"Little Black Angel"( hier in einer etwas mageren, aber nicht minder interessanten Live-Version) dürfte einer der beliebtesten Death In June-Songs überhaupt sein.



In einem Interview wurde Douglas P. unterstellt, er hätte mit "Because Of Him" ein Lied über das Schwulsein geschrieben. Seine Antwort: "You’re assuming that ‘Because Of Him’ is a gay orientated song but at the time I wrote it I was prompted by distorting lyrics by the Reverend Jim Jones – who probably wasn’t gay ...".
Der Herr sei eines Besseren belehrt: Der umtriebige Jim Jones pflegte seinen Schäfchen zu erzählen, dass jeder außer ihm selbst ein verkappter Schwuler sei und bot schon mal gerne als therapeutisches Hilfsangebot einen "fuck in the ass" an. Wenn das kein eindeutiger Beweis ist ...



"Something got hold of me, Oh, yes it did! I said ...".



Wenn Jim Jones an dieser Stelle mit Mind Control in Verbindung gebracht wird, dann einerseits deswegen, weil er als charismatischer Hybrid aus Jesus und Elvis extrem geschickt seine Jünger zu manipulieren vermochte, auf quasi-religiöser Basis alle Register der klassischen gruppenbasierten Bewusstseinskontrolle zog. Andererseits ranken sich rund um Jim Jones diverse Verschwörungstheorien, die, so der Grundtenor, seine Eskapaden als CIA-finanzierte Studie über Gruppenlenkbarkeit bewerten. Dass solche staatlich initiierten Experimente stattgefunden haben, ist ja mittlerweile, nicht zuletzt durch entsprechende durch den Freedom of Information Act freigegebene Dokumente und Bill Clintons offizieller Entschuldigung, bekannt. Zitat des Alternativhistorikers John Judge: "Die meisten der Top-Leute in der Umgebung von Jones kamen aus wohlhabenden, gebildeten Familien, viele hatten Verbindungen zum Militär oder zu Geheimdiensten. Das waren die Leute, die die Bankgeschäfte, komplexen Gesetzeshandlungen und Finanzgeschichten abwickelten, die die Leute unter die Kontrolle des Tempels brachten."
Jim Jones selbst sollte auch in das düstere Land paranoider Geisteszustände eintauchen. Nachdem er mit seiner Gemeinde nach San Francisco gezogen war, gab er sich immer stärker dem Drogenkonsum hin, fühlte sich verfolgt und in den USA nicht mehr sicher. So wurde sein letztes Projekt dann die im südamerikanischen Guyana angesiedelte Gemeinschaft Jonestown, wo seine Methoden der Kontrolle jeglichen Anflug von Subtilität endgültig hinter sich ließen und in ein brutales Regiment ausarteten (- wollte da jemand wissen, wie weit man gehen konnte?).
In den USA schafften es währenddessen Aussteiger, ordentlich Druck auf die Politik auszuüben. Der US-Kongress-Abgeordnete Leo J. Ryan wollte sich ein Bild vor Ort machen, hatte zunächst einen positiven Eindruck, bis aber plötzlich einzelne Mitglieder die mitgereisten Journalisten um Fluchthilfe baten und die Lage eskalierte. Ryan wurde mit einem Messer attackiert, flüchtete mit seiner Entourage zum Flugzeug, wurde dort von einem mit Maschinengewehren bewaffneten Trupp eingeholt. Er und fünf weitere starben im Kugelhagel.
Daraufhin setzte Jones einen wahnwitzigen Massenselbstmord in Gang, bei dem über 900 Menschen den Vergiftungstod starben. Es sind Tonbänder seiner Anweisungen erhalten geblieben, schauderhafte Dokumente, die die Schilderungen der Überlebenden bestätigen, dass in den meisten Fällen der Tod kein unbedingt freiwilliger war. So wurden als erste alle Säuglinge und Kleinkinder vergiftet, der "freiwillige" Tod der Mütter und Väter ist in diesem Licht wohl mehr eine von außen erzwungene Verzweiflungstat anzusehen. Auch die Präsenz von Jim Jones bewaffneten Schergen spricht eine gänzlich andere Sprache.
Ob letztendlich sogar er selbst an einer Kugel ebendieser Schergen starb, ist eines der Rätsel, die der charismatische Jones seiner Welt hinterließ. Auch die Frage, wieso ausgerechnet eine in die Kriegsindustrie involvierte Adelsfamilie mit Verflechtungen zu IG-Farben das Projekt finanzierte, wieso Jones Gebäude von der US-Botschaft zur Verfügung gestellt bekam, wieso Mitgleider des Tempels mit dem Mendocino State Mental Hospital zusammenarbeiteten, wieso in den Jones-Lagern CIA-Filme aus der berüchtigten Colonia Dignidad vorgeführt wurden, wieso Jones-Anhänger Posten beim Wohlfahrtsamt innehatten, von wo aus sie Mitglieder anwerben konnten, wieso mehr als achtzig Prozent der "Selbstmörder" frische Nadeleinstiche auf den linken Schulterblättern hatten - und, und, und.
Aber nicht nur Jones suizidaler Abgang ist umstritten, es gibt auch Vermutungen, dass er gar nicht starb und nach Brasilien flüchten konnte - die als Jim Jones ausgegebene Leiche war angeblich übel zugerichtet, es fehlte die Brust-Tätowierung und auf die zahnmedizinische Identifikation wurde verzichtet. Aber zu all dem vielleicht ein andermal mehr ...