Klimatische Ereignishorizonte

Klimadiskussion, Klimareligion, Kulturzeit, Norbert Bolz
"Unser Gott ist nicht mehr Gott Vater, sondern Mutter Erde. Und wir sind ihr untertan. So steht es in der Bibel der Klima-Religion, dem Kyoto-Protokoll. Ihr erstes Gebot lautet: Es soll nicht zwei Grad wärmer werden! Seitdem sind alle biblischen Plagen Umweltplagen. Der Mensch hat die Erde geschunden, nun übt sie schreckliche Rache - so sagt es die Gemeinschaft der Gläubigen, die Jünger der Umweltkonferenz. Von allen Klimagipfeln der Welt rufen sie uns zu: 'Kehrt um und bereuet, den eure Sünde ist der CO2-Ausstoss, und Sünde sind auch Industrie und Technik, Teufelszeug! Und ihr, die ihr in solchen Ländern lebt, seid alle Sünder! Euer Leben ist nur Faulheit und Genuss!' Doch es gibt einen Ausweg: den Ablasshandel mit CO2-Zertifikaten."

Diese markige Aussage entstammt nicht irgendeinem, subtil christliche Bekehrungsbotschaften verkündenden, Alex Jones-Film, sondern einem Beitrag der Kulturzeit, einem der letzten wirklich guten Fernsehformate.
Dass das Thema Klimareligion es in den kulturellen Feuilleton schafft, verdanken wir wiederum dem Soziologen und Medientheoretiker Norbert Bolz, der nicht erst seit dem Verkünden des "Endes der Gutenberggalaxis" und dem damit verbundenen, Marshall McLuhan folgendem Verwerfen eines bis dahin üblichen larmoyanten Neue Medien-Kulturpessimismus, immer wieder durch dissidente, wenn auch nicht immer hundertprozentig schlüssige, so zumindest doch immer schön streitbare, Thesen zur Gegenwartsgesellschaft aufhorchen lässt.

"Selten waren wir in den letzten Jahrzehnten weiter entfernt von Liberalität und einer Art Massenaufklärung als heute, ganz im Gegenteil, wir sind heute wieder in die Hände von Propheten geraten."
Dem sei hinzuzufügen, dass, einem rezenten kultur- und geschichtsphilosophischen Verständnis zufolge, gerade der von Bolz postulierte Prozess der "Massenaufklärung" längst hinterfragt und als Messianismus in neuem, atheistischem, Gewand beschrieben wurde. Darin liegt die eigentliche Illusion: das vermeintlich "aufgeklärte" Abendland war nie wirklich frei von teleologischen, soll heißen: auf ein Ziel gerichteten, Geschichtsvorstellungen, einzig allein im Bereich der Zielsetzungen kam es zu kontinuierlichen bis exponentiellen Horizonterweiterungen, bis hin zum rasenden Stillstand eines offenen Ereignishorizonts. Und genau dieser wird nun wieder umgedeutet. Der, nie wirklich verschwundene, apokalyptische Charakter abendländischen Denkens feiert eine ungeahnte Renaissance, und gängelt als Umweltreligion gekleidet die verängstigten Bürger einer zusammenwachsenden Welt zu Disziplin und Gehorsam. Kein Wunder, dass, wie im Beitrag angedeutet, die kirchlichen Oberhäupter dieser Welt da vor Neid erblassen und auf den Zug aufzuspringen versuchen.
Ob da jetzt Illuminaten, Freimaurer, Bilderberger, ein sich selbst entfesselnder Zeitgeist oder einfach nur pragmatisch orientierte Politeliten dahinter stehen, ist meiner Meinung nach, wenn man die Mechanismen dieses Denkens durchschaut, relativ gleich.

Hier also der Beitrag:

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